Seit drei Alben spielt SEIN die Songs von Musu Meyer. Diese handeln von Trunkenbolden, die sich schon mal raufen, oder von alleingelassenen Mädchen, deren Liebster mit einer anderen rumhurt, und natürlich auch von der Liebe, die auch in dunkelsten Zeiten Halt gibt (wenigstens so lange noch ein halbleeres Glas in Reichweite steht). Der Mensch, der vom rechten Weg abkommt, steht für einmal im Mittelpunkt. So enden die Geschichten meistens tragisch, nicht selten gar tödlich. Mit einem Instrumentarium, das an Feste auf dem Lande erinnert, wird dem finalen Filmriss nachgestiegen, bis das Schicksal seinen Lauf nimmt.
Das Sextett hat unlängst das dritte Album einer «Bar-Trilogie» veröffentlicht. Ziemlich konsequent heisst das Werk «Die Rechnung bitte» - und es ist in diesem Zusammenhang kein Zufall, dass schon mal zu einem rumpligen Musikantenstadel auf Acid und Bier leichtfertig geträllert wird: «Ja, das Ende ist nah, das Ende ist nah, so nah», als wär das der normalste Umstand der Welt und als sei deswegen eine besondere Feier angesagt.
Es ist wahrscheinlich das zugänglichste Werk von SEIN bis heute geworden, aber Trost verspricht es keinen. Im Gegenteil: das Schicksal scheint den finalen Tiefschlag bereits für uns bereitzuhalten, und unsere kleinen Freuden mit Alkohol, Nikotin und sonstigen Gemütsaufhellern werden bald einen empfindlichen Bremser erfahren. Musu Meyer sagt es in aller Klarheit: es gilt, auf alles gefasst zu sein. Auf alles! Also insbesonders auch auf das Himmeltraurigste!
Die Sängerin und Liederschreiberin schrammte während der Produktionsphase zum neuesten Album zweimal haarscharf an der besagten Rechnung vorbei, und sie fragte sich dann schon mal in ihrem Spitalbett, ob der vermaledeite Titel nicht etwa ein ungünstiges Omen sei... doch die Aufnahmen selber fanden in einer wunderbar konzentrierten Atmosphäre statt, die Zusammenarbeit mit David Langhard (aka. Admiral James T.) war etwas vom Besten, was der Band bis heute widerfahren ist.
Das vorangegangene Album «Komm Bruno, lass uns tanzen» hat zwar grosse Mühen bereitet (war das vielleicht verdammt heiss damals), doch es hat der Band auch viele Annehmlichkeiten in Form von Konzerten beschert: allen voran der Auftritt im Stadtsommer 2007 im Platzspitz. Dies war das definitive Highlight: um die tausend Menschen an einem lauen Sommerabend in diesem geschichtsschwangeren Park, die alle kamen, um SEIN zu schauen... Ein Glücksfall halt.
Das Werk «Komm Bruno, lass uns tanzen» selber vereinigt 13 Perlen aus den Konzertprogrammen der vorangegangenen Jahre und ist gut geraten. In den Liedern erfährt man unter anderem, welch tragisches Ende Bruno genommen hat, und mit ihm auch seine «Bruno’s-Bar» (die SEIN-KennerInnen schon seit Jahren ein Begriff ist). Die CD wurde in einem richtigen Studio aufgenommen, im Dala in Winterthur. Dieses verfügt über eine sehr luxuriöse Röhrenheizung und atmet irgendwie den richtigen und wahren Rock’n’Roll.
Vor sieben Jahren hat sich SEIN neu formiert, und bewegt sich seither auf dem Parkett des nicht autorisierten Liedguts, oder des deutschen Chansons... Die erste Produktion in der neuen Besetzung «Umtrunk», das im Übungsraum aufgenommen wurde, brachte das vor 5 Jahren ziemlich auf den Punkt. Mit antiquiert anmutendem Instrumentarium wie Mandoline, Geige, Handorgel und Querflöte werden Songs intoniert, die nicht so ganz in unsere Zeit passen wollen, die ihren Ursprung in einer früheren Epoche zu haben scheinen. Nach der Taufe des Erstlings in der neuen Besetzung stand erst mal eine kleine Pause an: Musu Meyer wurde Mutter der kleinen Helen aka. Schlünz.
Der Sinneswandel, der zur neuen Besetzung als rotierendes Kleinorchester geführt hat, war erst mit Musu Meyers Soloalbum «das süsse Leben» zur Spruchreife gelangt. In diesem Werk wurden, unterstützt von einfachster Technik wie Casio, Handorgel und Beatbox alltägliche Tragödien des Daseins in vergleichsweise fröhliche Weisen gepackt. Auf der Basis dieses Materials wuchs in der Folge das neue SEIN-Programm heran, das schliesslich zum «Umtrunk»-Repertoire führen sollte. Der vermutliche Ausgangpunkt der musikalischen Reise: irgendwo in den Zwanzigern oder Dreissigern in München oder Berlin. Musu Meyer bestreitet natürlich alles: das sei einfach ihre Art, Lieder zu schreiben... sie sei halt einfach nicht so ein zeitgeistiges Gemüt.